Dithmarscher Wasserwelt

Rund 170.000 Tonnen an Fels, Beton, Kies und Stahl wurden bewegt, bis am 20. März 1973 der "Koloß von Vollerwiek" - das Sturmflutbollwerk an der Eider - eingeweit werden konnte. Hinzu kommen nochmals geschätzte 110.000 Tonnen für den Bau der bislang größten deutschen Trutzburg gegen den "Blanken Hans", die Sturmfluten der Nordsee. Rund 171,5 Millionen DM hat das Bollwerk gekostet. Seitdem schützt der stählerne, graue Klotz das Binnenland vor Überschwemmungen. Das sind rund 2.000 Quadratkilometer Niederungen bis hinauf nach Rendsburg. Die Gewalt von Wasser, Sturm und Mondeinflüssen ist enorm. Bei jedem Tidenwechsel (2 x am Tag) drückt allein der Mond als Erdtrabant das Eidersperrwerk samt Fundament um Millimeter von seinem ursprünglichen Platz. Dies wurde nun von Wissenschaftlern der Hamburger Fachhochschule festgestellt. Eine Straße führt durch das Sperrwerk (Tunnel) und verbindet die Halbinsel Eiderstedt mit dem Festland. Durch eine Schleuse auf der Eiderstedter Seite (blaue Hubbrücke) gelangen die Schiffe von Tönning in die Nordsee und zurück.

Beschreibung

Auf jeder Seite des Sperrwerkes befinden sich fünf gigantische Fluttore, die mit den Gezeitenströmen wahlweise geöffnet oder geschlossen werden. Jetzt muß der "graue Klotz" selber geschützt werden, damit seine Schutzfunktion nicht leidet. Das Nordsee-Salz frist beständig seit 1983 an Beton und Stahl-Armierung. Fachleute beim Wasser- und Schiffahrtsamt Tönning (WSA) schätzen die Sanierungskosten derzeit auf 18 bis 20 Millionen Euro. Schon 1993/94 mußten 420.000 Tonnen Fels zum Schutze des Sperrwerkes am Fuße der Fundamente versenkt werden. Zweimal am Tag strömen mit den Gezeiten hier 30 bis 40 Millionen Kubikmeter Nordsee- und Eiderwasser durch die Fluttore und belasten die Fundamente extrem. Die aktuellen Kosten für einen kurzfristigen Schutz belaufen sich auf ca. DM 40 Millionen. Das Problem liegt generell: "Wir können die Sohlensicherung bis hinüber nach Helgoland ausdehnen und dennoch nicht die Auskolkung verhindern", bedauert Jürgen Hinrichsen, stellvertretender Chef der Tönninger WSA. Jetzt überwacht ein neues Schiff mit modernster Satelliten-Technik die Veränderungen am Sperrwerk. Bislang betrugen die Unterhaltungskosten von 1973 bis heute 76 Millionen Euro - ohne Personalkosten. Auf der Eiderstedter Seite liegt der Anleger für die Ausflugsdampfer, die von hier aus Passagiere nach Helgoland oder zu einer Rundfahrt durchs Wattenmeer einschiffen. Parkplätze befinden sich auf beiden Seiten. Über das Sperrwerk führt ein Weg mit Aussichtsplattformen und Ferngläsern. Kein Aufgang für Rollstuhlfahrer.

Ein paar technische Details für "Kenner"

Jedes der imposanten Sieltore wiegt 250 Tonnen. Bei jeder Tide rauschen rd. 30 Millionen Kubikmeter durch die Tore. Betriebsmeister Gerhard Laß des Wasser- und Schifffahrtsamtes Tönning regelt vom Turm aus - durch Steuern der Tore - den Pegelstand der Eider ("Sielbetrieb"). Sechs Monitore überwachen die Schleusenkammern und die zuführende Strasse. Über Schaltpulte wird der Schleusenbetrieb und die Stellung der Sieltore reguliert. Fünf Computerdisplays zeigen Wetterdaten, die Pegelstände von Nordsee, Eider und Treene und den Status der Leuchttürme von Büsum bis Sylt. Das Eidersperrwerk ist im Schichtdienst rund um die Uhr besetzt.. Das Eidersperrwerk dient nicht nur zum Schutze vor Sturmfluten, sondern dient auch der Entwässerung des Binnenlandes. Der Trick: Wenn die Sieltore geschlossen werden, wird das nächste Hochwasser ausgesperrt und kann in der Eider keinen Gegenstau gegen das abfließende Wasser bilden. Die Eider behält so trotz der - in der Nordsee - auflaufenden Flut einen niedrigeren Pegel als die Treene - das Fließgefälle vom Inland zur Küste bleibt erhalten. Die (Regen-)Fluten aus dem Binnenland können dadurch bis zum geschlossenen Sperrwerk abfließen. Bei der nächsten Ebbe werden die Sieltore wieder geöffnet: Das Wasser fließt in die Nordsee ab. Dieser Vorgang wird als "Sielbetrieb" bezeichnet. Diese Technik wurde schon von den Friesen im 11. Jahrhundert entwickelt und beständig verbessert. Bekannte Sielanlagen befinden sich z.B. an der Küste in Schlüttsiel, Friedrichsstadt, Nordfeld, Lexfähre und auf Pellworm in Tammensiel. Sicherheitsinspektionen der Sohle Zweimal im Jahr - im Herbst und Frühjahr - müssen spezielle Taucher die Beschaffenheit der Sohle des Eidersperrwerks überprüfen.

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